Gute Nacht Geschichtenfür die Kleinen

Der Zwergenfriseur

Einmal im Monat kommt ins Grießzwergedorf der freundliche Friseur Oskar angereist. Er ist der einzige Zwergenfriseur weit und breit und nur er allein besitzt die spezielle Zwergenhaarschere mit der er den Zwergen tolle Frisuren zaubern kann. Deswegen ist Oskar sehr beliebt und alle freuen sich auf ihn. Nur die drei Zwergenbrüder Rocki, Ricki und Rucki nicht. Sie waren noch nie beim Friseur, und das wollen sie auch nicht, denn sie glauben felsenfest, dass sie keinen neuen Haarschnitt brauchen. 

Die drei sind sehr musikalisch. Rocki hört am liebsten Musik, während Rucki dazu tanzt und Ricki spielt gerne auf seiner Zwergengitarre. Sie sind sehr fröhliche Gesellen und haben eigentlich vor gar nichts Angst, außer vorm Haareschneiden! Und genau deswegen verstecken sie sich immer, wenn der Zwergenfriseur Oskar in das Dorf kommt, im Wald. Dort sind sie dann ganz still und bleiben im Gebüsch, bis er wieder weg ist. 

Einige Zeit fällt das auch niemandem auf, denn in dem Dorf wohnen sehr viele Zwerge und da verliert man schon einmal leicht den Überblick. Nach ein paar Jahren allerdings  sind Rocki, Ricki und Rucki sehr verändert, sie sind nicht mehr so fröhlich wie früher und sehen auch wirklich seltsam aus, ganz anders als die anderen Zwerge. Ihre Haare sind so lang gewachsen, dass viele sich über sie lustig machen. Trotzdem wollen sie immer noch nicht zum Friseur gehen, weil sie Angst haben, dass er ihnen wehtun könnte. 

Rocki ist besonders traurig, denn er kann nicht mehr so gut Musik hören, weil seine Haare schon so lang sind, dass sie seine Ohren komplett verdecken und er kaum noch einen Ton hören kann. Sein Bruder Ricki hat aufgehört zu tanzen. Seine Haare sind schon so lang, dass sie bis zu seinen Füßen reichen und er ständig darauf tritt, stolpert und hinfällt. Auch Ricki macht das Musizieren keinen Spaß mehr, seine Haare verfangen sich in seiner Girarre und er kann auch gar nicht mehr sehen, was er spielt. 

Als es wieder einmal soweit ist und Oskar mit seinem Friseurwagen ins Dorf fährt und ihn die Zwerge dort fröhlich begrüßen, machen sich Rocki, Ricki und Rucki wieder auf den Weg in den Wald, um sich dort vor ihm zu verstecken. Doch der Weg ist beschwerlich, immer wieder stolpern sie, laufen gegen Baumstämme und stoßen sich ihre kleinen Zwergenköpfe an tiefhängenden Ästen, weil sie vor lauter Haaren nichts mehr sehen können. Trotzdem gehen die drei unbeirrt immer tiefer in den Wald, um ein sicheres Versteck zu suchen. 

Doch mitten am Weg ruft plötzlich Ricki: „Hilfe, hilfe! Ich stecke fest! Rocki, Rucki, helft mir!“ Der kleine Ricki ist schnurstracks in einen Haselnussstrauch gelaufen und seine vielen, vielen struppigen Haare haben sich dermaßen in den Ästen verfangen, dass er jetzt nicht mehr alleine herauskommt. Rocki und Rucki ziehen kräftig an den Haaren und an den Ästen, doch es gelingt ihnen nicht, ihren Bruder zu befreien. „Aua, aua! Ihr tut mir weh!“, ruft Ricki. „Was sollen wir nur tun?“, sagt Rocki und denkt angestrengt nach. Rucki hat zwar eine Idee, aber sie macht ihm Angst und er traut sich nicht sofort, sie den anderen beiden mitzuteilen. Schließlich gibt er sich doch einen Ruck: „Wir müssen den Zwergenfriseur Oskar holen. Er ist der einzige, der uns helfen kann!“ Die Brüder sehen ein, dass es keine andere Lösung gibt und Rocki und Rucki gehen ins Dorf, um Hilfe zu holen. 

Oskar staunt nicht schlecht, als er die zwei haarigen Wesen auf sich zukommen sieht. So etwas hatte er noch nie zuvor gesehen. Rocki fürchtet sich sehr, aber er nimmt all seinen Mut zusammen und sagt zu ihm: „W-W-Wir brauchen deine Hilfe, unser Bruder Ricki hat sich mit seinen Haaren in einem Strauch verfangen und kommt nicht mehr heraus! Kannst du uns bitte helfen, ihn zu befreien?“ 

Er merkt, dass sich Rocki und Ricki vor ihm fürchten, deshalb geht er ganz ruhig auf die beiden zu: „Habt keine Angst vor mir, zeigt mir nur schnell den Weg zu eurem Bruder, damit ich ihm helfen kann!“ Er packt seine Zwergenhaarschere und seinen besten Kamm ein und macht sich mit den beiden auf den Weg in den Wald. 

Dort angekommen sieht er das ängstliche Haarbündel Ricki im Strauch sitzen und sagt zu ihm: „Ich bin Oskar, der freundliche Zwergenfriseur, ich kann dir helfen, aber du musst ganz still halten!“ Ricki beruhigt sich und fasst langsam Vertrauen zu Oskar. Und Schwuppdiwupp, so schnell können die Zwerge gar nicht schauen, ist Ricki schon aus dem Strauch befreit und hat zudem noch einen schicken neuen Haarschnitt verpasst bekommen. Er ist überglücklich und freut sich, dass es gar nicht wehgetan hat. Rocki und Rucki sehen ein, dass sie zu unrecht Angst vor Oskar hatten und wollen auch einen neuen Haarschnitt von ihm, damit sie wieder richtig sehen, gehen und Musik machen können. Diesen Wunsch erfüllt Oskar ihnen natürlich gerne. 

Rocki, Ricki und Rucki können nun wieder fröhlich musizieren und haben eine Riesenfreude daran. Damit sie nicht mehr in so eine Notlage geraten, wollen sie von nun an auch regelmäßig zum Friseur gehen, so wie die anderen Zwerge auch. Ohne die vielen Haare im Gesicht bemerken die drei erst, wie kuschelig weich ihr Kopfkissen ist und so schlafen sie am Tag ihres allerersten Friseurbesuchs besser ein, als jemals zuvor.